WOLFGANG MARX: BEWUSSTSEINS-WELTEN
Die Konkretion der Reflexionsdynamik
PROLOG
Das entschiedene Insistieren darauf, daß die Beziehungen zur Wirklichkeit rationale Form und Ausgestaltung erhalten müssen, um ein wenigstens ausreichendes Minimum an kontrollierbarer Verbindlichkeit gewinnen zu können, ist an sich eine Selbstverständlichkeit, die unter den aktuell gegebenen Umständen allerdings hart und eindeutig gegen die bequemen Fluchtbewegungen, die sich den Forderungen des Tages hartnäckig zu entziehen versuchen, gerichtet ist. Es hilft kein Lamentieren über die Tummeleien in dunklen Unverbindlichkeiten, vielmehr gilt es aufzuweisen, daß einer Wirklichkeit, die zunehmend in rationale Segmentierungen zerfällt, nur dann beizukommen ist, wenn man den rationalen Kern dieses an sich keineswegs fatalen Zerfallsprozesses erkennt und in seinen diversen Manifestationsweisen entwickelt und verständlich macht.
Es kommt nicht darauf an, asthmatische Ansätze und modische Rezepturen anzurühren, die ebenso schnell vergehen, wie sie kreiert werden, sondern vielmehr darauf, ein geschlossenes System vorzulegen, in dem die diversen Weisen der Weltbeziehung in ihrer wechselseitigen Abhängigkeit zur Darstellung kommen können. Schrittweise und möglichst dicht die Interdependenzen der Denk- und Handlungsformen zu entwickeln und zusammenzuschließen, das entspricht der grundsätzlichen Forderung, der sich die Tradition der Philosophie seit ihrem Beginn immer gestellt hat. Dieser soweit wie möglich erneut zu genügen, stellt die Aufgabe, die bewährten überkommenen und aktuellen theoretischen Potentiale als solche zu erkennen und fruchtbar zu machen. Systematische Philosophie braucht nicht mehr ab ovo zu beginnen, sie steht im Reichtum der Tradition, die immer auf Umsetzung und begründete Abwandlung wartet.
Da es eine Illusion ist, zu erwarten, es ließe sich ein Zentrum aller Gedankenentwicklung angeben, aus dem sich - womöglich deduktiv - durch Zauberei eine Geschlossenheit hervorholen ließe, die zu kompensieren vermöchte, was in der Wirklichkeit der geistigen Manifestationen um so dissoziierter vorliegt, je größer die Intensität geworden ist, mit der die einzelnen Gebiete inhaltlich und methodisch erfaßt worden sind, hat daher an die Stelle suggestiver Monismen und dialektischer Romantizismen - die allenfalls als Livrée fader und leicht durchschaubarer Immunisierungsstrategien gegenüber andrängenden, alt gewordenen Begriffen nicht mehr gefügigen Wirklichkeiten tauglich sind - die geduldige Analyse zu treten, die zunächst die Mühe der Bestandsaufnahme auf sich nimmt, um danach energisch die innere Verbindung der geistigen Formen zur Geltung zu bringen. Es ist naheliegend, einen Indifferenzpunkt für die diversen geistigen Leistungen anzunehmen, die das Bewußtsein für die Ausgestaltung seines elementar durch Distanz gekennzeichneten Verhältnisses zur Wirklichkeit hervorgebracht hat; Distanz nämlich ist es, die das Denken, durch das allein die Wege zur erschlossenen Welt geschaffen werden können, auslöst und sich in ihm dauernd produktiv erhält. Eine solche Annahme ist deshalb durchgreifend vernünftig und realistisch, weil man konstatieren muß, daß elementare Strukturen sowohl die diversen Formen theoretischer als auch praktischer Realitätsbewältigungsstrategien zwar nicht abstrakt invariant, wohl aber in spezifischer Differenzierung gemeinsam beherrschen. Alle Weisen der Beziehung des Bewußtseins auf seine vorgegebenen, objektiven Konstellationen sind dadurch bestimmt und davon abhängig, daß für sie ein festes System mit einer überzeugenden sprachlichen Gestalt und Gliederung entwickelt wird, durch das nicht nur die Einstellungen des Bewußtseins, sondern auch seine konkreten Manifestationen die Kontur gewinnen können, die eine intersubjektive Partizipation überhaupt erst möglich macht.
Weder stehen theoretische, praktische und ästhetische Systeme bloß unkoordiniert nebeneinander, noch können ihre Ansprüche als exklusive miteinander konkurrieren; vielmehr ist festzustellen, daß theoretische Entwürfe sowie deren technisch-praktische Realisate, moralisch-rechtliche Normen und ästhetische Konzepte sich in unauflösbarer Verflechtung miteinander befinden. Diese aufzuweisen macht es notwendig, die Grundlagen, die Grundformen zu fixieren, die alle Weisen der Wirklichkeitsbeziehung bestimmen. Nur im Zusammenhang der logisch-reflexionstopologischen Denkformen mit den Gesetzen der sich selbst in konkreten Gestalten fixierenden Bewußtseinsdynamik lassen sich stabile und aufschließende Weltbeziehungen erkennen und konstituieren. Die Freiheit des Bewußtseins ist keine feste, naturale Größe, die wie ein Himmelsgeschenk in Anspruch zu nehmen ist, sondern das langsam sich entwickelnde Produkt der Arbeit des sich überall hin ausbreitenden und konzentrierenden Geistes in seinen Ausgestaltungen, das seine Phantasien bezüglich der Überbrückung des verhängten Hiats zwischen Ich und Welt auszugestalten mag. Unmittelbar erkennbar setzt eine solche Ausgestaltung nicht nur die Ausbildung geschlossener Deutungssysteme voraus, die ob ihrer Plastizität und zeitlichen Relativität aber immer nur vorläufigen Charakter haben können, sondern vor allem auch die Entwicklung eines personalen Zentrums, in dem sowohl die leiblich-seelischen als auch die rationalen Kräfte und Ansprüche, wenn nicht vollständig harmonisiert und befriedigt, so doch wenigstens so weit ausgeglichen und miteinander vereinbart werden können, daß eine kohärente und konsistente funktionsgerechte Gliederung der Person entsteht, die in ausreichender Sicherheit ihre fundamentale Aufgabe bewältigen kann: unverstellt die Realität und sich selbst in ihr und mit ihr zu begreifen.
Einen geheimnisvollen Individualkern kann man nicht eruieren; berechtigt läßt sich lediglich eine individuelle Zentrierung beanspruchen, die nicht einfach da ist, sondern im Rahmen der geschichtlich, sozial und kulturell vorgegebenen Parameter eigens zu entfalten ist. Von Anfang an und in allen Beziehungen ist das Bewußtsein vor die Aufgabe gestellt, am objektiven Geist in seinen gebietsspezifisch ausdifferenzierten, ausgestalteten Manifestationen passiv und aktiv zu partizipieren. Wirklichkeit läßt sich nie direkt erfassen; das Sich-Einlassen auf die diversen Produkte der konzeptionellen Fähigkeit des Bewußtseins und ihre geschichtliche Dimension ist verbindlich geworden: Unmittelbarkeit läßt sich nur noch selbstbetrügerisch erschleichen.
Unumgänglich geworden ist deshalb die Anverwandlung der vorgegebenen Ausdrucks- und Sprachmittel sowie derjenigen Gebilde - theoretische, partielle oder universale Konstruktionen für die Erschließung von Wirklichkeit, moralisch-rechtliche Normensysteme sowie künstlerische und technische Artefakte -, in denen sie sich sedimentiert haben. Der Zwang zur zunächst passiven Übernahme vorgegebener Deutungsmuster schließt aber nicht aus, spontan, wenngleich nicht im Stand der 'Unschuld', die Potentiale als Grundlagen für die entschiedene eigene Aktivität zu beanspruchen und einzusetzen, die der aktuellen Realitätsbeziehung das Schwergewicht und den Ernst ihrer geschichtlichen Vermitteltheit in einer vorgegebenen Dimension zwar ausdrücklich mitgibt, zugleich aber dies erinnert und geltend macht, daß ihr Gewordensein durch vergangene Aktivität ein sicheres Indiz für ihre Plastizität und Veränderbarkeit ist.
Der Bruch zwischen Ich und Welt, der kein - gar tragisches - Drama zu inszenieren, kein larmoyantes Zetern zu initiieren Anlaß geben darf, wenn er beherrschbar gemacht werden können soll, ist die faktische Grundlage der produktiven, wenngleich immer beschränkten Entfaltung von Freiheitsspielräumen, in denen personales Bewußtsein sein Zentrum und seine individuelle Personalität zu entwickeln vermag. Dies ist nur dann konkret zu realisieren möglich, wenn und solange das Bewußtsein seine Dynamik an die vorgegebenen, ihrerseits dynamischen Potentiale rückbindet, ohne sich ihnen bloß konform zu überlassen. Es kann nicht die Aufgabe sein, den diversen Wissenschaften ihre Arbeit abzunehmen; noch weniger ist sie - wenn sie bei sachlich Verantwortbarem bleibt - in der Lage, mit metaphysischen Träumereien und bloß vornehmen Suppositionen ein vages Ganzes für zu irrationalem Staunen und zur blind-gierigen Konsumption von kommoden Surrogaten jederzeit bereite, irritierte Seelen in die Welt zu setzen, mit dem die bunte Vielfalt von Neigungen und Erwartungen in irgendeiner ganz unbestimmten, anonymen Transzendenz-Instanzt gebündelt und ruhiggestellt wird.
Einzig dies kann nach dem seligen Ende begrifflicher Scheinwelten und dem endgültigen Zusammenbruch ihrer verschiedenen unseligen totalitären Ausgeburten Aufgabe philosophischer Theoriebildung sein: die schrittweise Konkretisierung der abstrakten kategorialen, aber auch der inhaltlich gesättigten, deshalb aber keineswegs theorielosen moralisch-rechtlichen und ästhetischen Grundmuster in ihrem Aufbau und Zusammenhang zu explizieren. Damit wird die Gedankenentwicklung nicht auf metaphysische Harmonie fokussiert, sondern die Einheit avisiert, die es möglich machen kann, wenn schon nicht die Welt, so doch die Zugangsweisen zu ihr einer sie verbindenden gemeinsamen Strategie zu unterwerfen. Nicht die bloße Versicherung, dergleichen könne möglich sein, hat Bedeutung - allzu leicht läßt sich eine solche ohne jede Verbindlichkeit in die Welt setzen -, sondern allein die konkrete Entfaltung der abstrakten Konstitutionsleistungen des Bewußtseins, soweit sie erkannt werden können und wie sie sich aktuell manifestieren. Ansprüche auf zeitlose Integrität philosophischer Grundlegungstheorie sind ebenso obsolet wie solche im Zusammenhang anderer Wissenschaften. Die Philosophie kann von Glück sagen, da sie von dogmatischen Verformungen - wenn sie meinte, sich in und mit solchen wehrhaft und unverletzlich gemacht haben zu können - durch den und im Lauf der Zeit sanft oder unsanft wie von selbst 'erlöst' wird.
I. GEDANKEN AM ANFANGS- UND BRENNPUNKT IHRER
SINGULÄREN GENESE UND ALLGEMEINEN GESCHICHTE
Die Beziehungen von Gedanken zur Wirklichkeit zu eruieren und näher zu bestimmen, ist keine Aufgabe, die in ein Geheimnis einzudringen und es zu lösen hätte. Denn von vornherein ist es klar, daß Gedanken nicht vom Himmel gefallene Eigenwesen sind, für die es eine konkrete Situierung in der Wirklichkeit zu konstruieren gilt, sie sind vielmehr selbst 'reale' Gebilde und gehören als solche in die diversen Wirklichkeitskontexte, wie weit sie sich auch von diesen unterscheiden mögen.
Zunächst ist festzustellen und dem unübersehbaren Umstand Rechnung zu tragen, daß Gedanken, mit denen in einfacher und höchst komplexer Weise vom denkeden und erkennenden Subjekt Realitätsbezüge hergestellt werden, Produkte eines Systems sind, das elementar charakterisiert werden muß als Einheit von organischer Bewußtheit und intentional ausgreifendem Bewußtsein. Grundcharakteristikum diese Systems ist die zunächst rätselhaft erscheinende Fähigkeit, die externe Realität jenseits der leiblichen Grenzen und der unmittelbaren physischen Möglichkeiten der Anverwandlung und Besitzergreifung in den eigenen Zusammenhang einzubeziehen und auf diesen Einbezug selbst noch - reaktiv und aktiv - Bezug zu nehmen. Gemeint ist damit die elementare Erfahrung eines organischen Systems, das bewußt intentional sich zu verhalten in der Lage ist, seine Vorstellungen und Gedanken in seine Gefühle einlassen und einwirken lassen zu können, sowie umgekehrt diese, daß sowohl das naturale wie auch das intentional rückbestimmte Gefühlsleben, wie es in bloßer Bewußtheit sich meldet und präsent ist, eine nicht nur begleitende, sondern bisweilen sogar bestimmende Bedeutung im bewußten, d.h. kontrollierten Leben des Denkens spielt.
Unübersehbar ist der Umstand, daß die bestimmten Intentionen, die bestimmten Grundlagen einer mit mehr oder weniger hoher Präzision Realitätssegmente erfassenden Bewußtseinsintentionalität darauf beruhen, daß denkend die zunächst ungegliederte Mannigfaltigkeit des Eindruckslebens durch spontane Grenzsetzung differenziert wird. Solche Grenzsetzungen verdanken sich keineswegs dem, was in solchen erscheint, sie sind vielmehr frei gesetzte Selbstbindungs-, Selbstverbindungs-möglichkeiten des Bewußtseins, das durch sie und in ihnen sich die Möglichkeit der Erhebung über die begrenzten Erscheinungen als invariante Strukturgebung verschafft. So die Erscheinungen, die Wirklichkeit im Modus der Präsenz des Bewußtseins einerseits formal begründend, andererseits aber damit zugleich als solche freisetzend, erzeugt sich das Bewußtsein die ersten Mittel seiner selbst als Denken: die Eigenkonturierung als Grundlage des verstehenden Beherrschens des Heterogen-Kontinuierlichen.
Die Selbstentdeckung des Bewußtseins als Denken erfolgt unmittelbar und führt sowohl zu einer Selbstzentrierung in ihm selbst, letztlich zu seinem Ich-Kern, als auch zur Verbindung der erscheinenden Realitätssegmente sowie zu ihrer Beherrschbarkeit; diese verweist freilich darauf, daß die formal kontinuierlichen Gedanken und ihre Folge notwendig im Gedächtnis physisch-organisch repräsentiert sein und für das Zentrum und in ihm sich zu seiner Geschichte ausbilden müssen, wenn Gedanken überhaupt - auf der Basis ihrer Konsistenz und Kohärenz - fest sistierte 'Größen' und somit Bestimmungsbedingungen im Zusammenhang kontinuierlicher Wirklichkeitsentfaltung werden können sollen.
Unübersehbar besteht der Zusammenhang zwischen der scheinbar ganz innerlichen Seite des Bewußtseins und ihrer äußerlichen Dokumentation in - symbolisch - fixierten, für den allgemeinen Nachvollzug geöffneten Erfahrungen. Der Kern des Bewußtseins, seine Selbstpräsenz - zunächst im Gefühl, das freilich immer schon vom ausgreifenden Bewußtsein imprägniert ist, dann in der ganz abstrakten, denkenden Selbstgewißheit - verdichtet sich nicht zu bloßer Punktualität, sondern zur Einheit des selbstgeschichtlichen Mediums. Dieses wird sich als die Grundlage der gemeinsamen geschichtlichen Determination potentiell aller Subjekte erweisen; der Grund dafür muß erkannt werden in der Kopräsenz der Gedanken in der Selbstpräsenz des Bewußtseins, darin, daß Bewußtsein schlechthin angewiesen ist auf Gedanken, in und mit denen als den entscheidenden, grundlegenden Instrumenten seiner möglichen Helligkeit es sich selbst überschreitet. Mit solchen es selbst transzendierenden Gedanken gewinnt jedes Bewußtsein die gemeinsame, imaginäre Dimension der Zeit. So vermag es Vergangenheit aus der Gegenwart zu erdenken, Zukunft für diese zu antizipieren und eine bestimmte raumzeitliche Positionalität als Grundlage seiner Vereinzelung mit einem leiblichen Zentrum, das für es immer omnipräsent bleibt, zu erkennen.
Der Grund des Bewußtseins liegt ausschließlich in ihm selbst. Gedanken - diese unabdingbaren Möglichkeitsbedingungen von und für gesteuerte, d.i. zentrierte Intentionalität - entstehen nur aus einem und im Zusammenhang mit anderen, nämlich als Produkte von und in Grenzsetzungen sowie deren Interferenz und Kontinuität. Damit ist freilich kein Gedankenhimmel, kein schwebendes Reich übersinnlicher, ganz unverständlicher, überzarter Geistmaterien gemeint oder gar etabliert, sondern lediglich eindeutig festgestellt, daß Gedanken unerklärbar blieben, wollte man sie vor dem Hintergrund einer heterogenen Grund-Folge-Beziehung begründen. Die Realität von Gedanken entspricht der Realität des Bewußtseins und ist infolgedessen wie diese plastisch: Sie ist nämlich elementar gekennzeichnet durch das Wechselverhältnis von organischer Positionalität und der Allgemeinheit, in der, durch die das, worauf das Bewußtsein ausgreift, das Unsinnlich-Abstrakte wird bzw. als solches erscheint. Plastisch sind diese Realitäten - das Bewußtsein, die Gedanken und ihr unauflösbares, wechselseitiges Determinationsverhältnis -, weil sowohl die wirkliche Position, organisch-leiblich fixiert, als auch das jeweilige Allgemeine, das immer bestimmt und insofern auch bestimmbar ist, sich ständig in Bewegung befinden, und zwar in Eigenbewegungen, aber auch in solchen, die sie einander induzieren.
§1. BEWUSSTHEIT UND BEWUSSTSEIN
Gedanken sind Zentren an und zu denen sich Impressionen verdichten, um aus bloßer Momenthaftigkeit, die flüchtig ist, in Beständigkeit überzugehen. Nicht steigen in der Flut der unablässig eindrängenden, das Bewußtsein mitreißenden Eindrücke plötzlich ganz besondere, gesteigerte auf, die den Charakter von Gedanken hätten. Gedanken fliegen nicht zu, steigen nicht aus der ohne sie amorphen Fülle dessen auf, was nur je Inhalt des Bewußtseins und seines zum Wissen gebildeten Zustandes sein kann, sondern sie werden den Gesetzen des Denkens gemäß als die Grundlagen gebildet, auf denen die erlebte Fülle die Kraft von konzentrischen Geschlossenheiten gewinnen kann. Die Gedanken sind nicht besonders helle Impressionen, die sich dem Bewußtsein ohne sein Zutun aufprägen, sondern die Bedingungen, die den Eindrücken Grenzen, Kontur und die Möglichkeit verschaffen, in Beziehungen einzutreten oder solche zu bilden, die sie vertiefen können, weil sie über ihren isoliert schmalen Gehalt prinzipiell unendlich weit hinausgehen können. Gedanken, seien es die reinen Kategorien, wie sei mit ihren Beziehungen und in ihren Kombinationen bewußt sind, oder die mit Realität angesättigten, stehen um ihrer Bestimmtheit willen voneinander entfernt, nie aber verlieren sie jegliche Beziehung untereinander. Logisch elementar mag als Grund ihrer Beziehung die Form sein, die hier - zunächst - ausreichend charakterisierbar ist als das Umschlossensein differenter Elemente durch ein wiederum Differentes, als dessen Explikation sie gelten dürfen, die aber nicht darin aufgehen, nur dies zu sein. Diese Beziehung, die von unendlicher Wichtigkeit ist, wenn es darum geht, Gedanken in ihrer Wissenschaft, in der Generierung ihrer Potenzen und Synthesen über sich selbst und sie hinaus sowie doch auch, quasi sich selbst verständigend, in sie hinein zu entwickeln, ist für das Bewußtsein zunächst nur die blasse Grundähnlichkeit, die es - freilich nur scheinbar, ohne sein Einvermitteltsein schon in die einfachsten Konstatierungen zu erkennen - meint, als real vorgegeben gewahren zu können, auf der allein das erfahrende Bewußtsein, das sich seine Wirklichkeit einprägen, ihr mit und in seiner ausgefalteten Struktur ihre Weltlichkeit geben will, sich nicht entwickeln könnte. Ungleich gewichtiger ist jedoch die Beziehung der Gedanken zueinander, die aus der Bedeutung erwächst, die sie aus ihrem, dem subjektiven Auffassungs- und Produktionszentrum Zugeordnetsein gewinnen. Nicht dies, daß sie einem 'unschuldigen', reinen Bewußtseinskern, der sich selbst gleichbleibend sie nur begleitet, ohne seinen Anteil in ihnen geltend zu machen, zugeordnet sind und ihre Form womöglich als ihm entsprungen anzusehen ist, macht ihre Bezogenheit untereinander aus, sondern dies, daß sie Bewußtsein hervorbringen und verändern, daß sie Kräfte der Veränderung sind, der die Plastizität des Bewußtseins und die Kraft, sich Differenzen zu setzen und diese zu einem unabschließbaren Ganzen auszugliedern, entsprechen. Die Wirklichkeit der Gedanken bezeugt sich in ihrer Kraft, grelle und fast unsichtbare Wirkungen zu erzielen; jene liegen vor, wenn das Bewußtsein im Schrecken auf die stationäre Bewußtheit sich reduziert findet und so zwanghaft in der Gewalt eines Gedankens - eines bewußten, wirksamen Gehaltes, woher er auch kommen mag - einschließt, dennoch aber notwendig heraustreten muß aus der Erstarrung, getrieben von der Not der Verengung, die die vorwärtsstürmende Zeit allein nicht beheben kann; diese hingegen erzeugen wie die steten Tropfen nur allmählich und wie die Maschen eines Geflechts nur im Ganzen Wirkungen, die sich zur überall im lebenden Bewußtsein und im Leistungszusammenhang aller Bewußtseinsweisen sich durchsetzenden Macht verbinden können.
Es sind die Gedanken, die das Bewußtsein hervorbringen, zugleich aber kommen sie aus ihm. Sie sind die Grundlagen dafür, daß aus bloß animalischer Wachheit und Reaktionsbereitschaft die erlebbare Möglichkeit des dauernden Übergangs in die Zeit und mit der Zeit entsteht, also das Bewußtsein, in dem der Kern der Bewußtheit, in dem es dunkel, an dem es sich selbst verschlossen ist, sich erhalten muß, sich zur Grundlage aller Gedanken ausfaltet, in denen es sich bestimmt fortsetzt und Dauer gibt, die mehr ist als das bloße Quantum einer konturenlosen Zeit, die sich in immer gleichen Augenblicken unendlich in die unerfüllbare Zukunft erweitert, ohne je dicht zu werden. Die das Bewußtsein bildenden, es zu einem nie endenden Werden setzenden Gedanken sind aber ihrerseits gebildet und nicht naturale Ereignisse, das Bewußtsein überfallende Mächte von außen, sondern Ausdruck des unausschöpfbaren Innenraumes des Lebens, der sich in jedem einzelnen Gedanken als seine unendliche innere Dimensioniertheit, die zu immer neuen, gleichen drängt, erhält und fortsetzt. Und so ist nicht zufällig der an sich erste Gedanke der leer allumfassenden des Seins, der entdeckbar wurde, nachdem das Leben aus der Unmittelbarkeit des Setzens bestimmter Differenzen in Gedanken auf seinen gedanklichen Grund: die Einheit des Bewußtseins - kommen konnte. Sinnlos, ganz irreführend ist die Frage, ob das Bewußtsein Ursprung der Gedanken ist oder ob nicht vielmehr diese als die wahren Ursprünge des Bewußtseins anzusehen sind; denn nur zugleich lassen sie sich denken und scheiden. Beide entwickeln im endlichen Leben sich korrelativ. Ihr Miteinander, das sich in unübersetzbaren, vereinzelbaren Stufen, Setzungen und Sequenzen eine jederzeit überholbare konkrete, formal aber unentrinnbare Gestalt gibt, die in allen Einzelheiten sich fortsetzt, vollzieht sich auf der gedankenlos tiefen, in der Zeit nur mitgerissenen Bewußtheit, die diesem unauflösbaren, sich entwickelnden Miteinander neue Bewußtheit, zugleich aber auch die Zeit der, zur Distanz als Grundlage des Bewußtseins verschafft, das diesem unauflösbaren, sich entwickelnden Miteinander seine Form als dessen Diskursivität aufprägt, welche es ausmacht, daß die Helle des Bewußtseins, durch die Schatten der Gedanken gebrochen, so überhaupt erst Helle ist, und die Gedanken nur die Klarheit des ihren Kern notwendig verfehlenden, nur beschränkt entwickelten Bewußtseins haben können. Die gedankenlose Tiefe der Bewußtheit erscheint als dunkle Grundierung in allem Bewußtsein und jedem Gedanken, die alle sich fliehen, übergehen müssen in neue, in denen sich die treibende Kraft der lebendigen Bewußtheit nur zwanghaft wiederholt.
In Gedanken liegt wesentlich eine erinnernde Wendung des lebendigen Subjekts gegen die und mit der unablässig treibenden Kraft seiner amorphen Tiefe. Ohne sie verflösse notwendig das Leben in den deshalb qualitätslosen Stadien seiner bloßen Reproduktion, weil es in Augenblicken immer gleich reaktiv befangen bleiben müßte. Was in Augenblicken - unendlich flüchtig, ungreifbar und undurchsichtig - unmittelbar bloß aufgeht, das bildet sich im Bewußtsein durch seine Kraft der Distanz von Punktualität zur Dauer der Erlebnispräsenz, die diese Distanz als unbestimmt begrenzte, so die Abscheidung der reinen Zeitstellen für sich wiederholend, Dimension an sich hat und sich in ihr erfährt. Es ist deshalb der Augenblick des Bewußtseins die schon erlebte, erfüllte Zeit, Präsenz ist so wesentlich die Dauer des Jetzt, in dem schon 'Raum' und die Beziehung von Grenzen zueinander ist, die diesen einschließen und bestimmen sowie bestimmbar machen, weil in ihn unendlich einzugehen ist: von anderen, die im Erleben, aus der Wurzel der Bewußtheit aufkommend, nicht aber in ihrer Bestimmtheit entstehend, sich bilden. Die überwältigende Kraft der Eindrücke, die immer das Bewußtsein stationär zu machen und zur bloßen Bewußtheit zu reduzieren drohen, kann nur dann ihrer im Grunde irritierenden Gewalt beraubt werden, wenn sie einem Zusammenhang bestimmter Grenzen einbezogen werden, in dem sie die Eigengewalt verlieren und die Dominanz der Zentrierung durch das auf bestimmte Weise Grenzen setzende Bewußtsein erfahren.
Die je erreichte Einheit des Bewußtseins in seinen - anverwandelten - Eindrücken, die sich von diesen abhebt und wie eine Folie für die neuen behandeln läßt, teilt sich den jeweils anderen, aufkommenden nicht nur als Beigabe mit, sondern durchdringt sie ganz; der neue Eindrucksgedanke ist seiner Form wie seiner Rückbindung an das Bewußtsein nach Abwandlung, variierte Materialisierung der Grundstruktur - die von reinen Gedanken gebildet und von ihnen zu einem formalen Zusammenhang gestaltet ist, in dem die Isolation der bloßen Eindrücke an ihren Grenzen, die ihnen als Invarianten gesetzt werden müssen, übergangs-, verbindungsfähig werden muß -, auf der er sich allein ergibt. Dies macht es aus, daß das Bewußtsein an seinen gewonnenen Inhalten fortgehen kann, ohne bei jedem Fortschritt auf sich selbst und das entfaltbare System seiner invarianten Grundlagen rekurrieren zu müssen. Das Bewußtsein versinkt nicht in seinen Eindrücken, aber es läßt sich beeindrucken, indem es den stationären Bewußtseinseindrücken Abgrenzung und Beziehung zu ihm selbst gibt, so den Raum eines Gedankens und für Gedankenbildung schaffend. Das Bewußtsein geht in seine Eindrücke - d.i. Eindrucksgedanken - über bzw. ist immer schon in sie übergegangen. So ist es im Neuen, das ihm aus der lebendigen Bewußtheit wird, die konstitutive Vorprägung, die dieses hinsichtlich dessen, wie es bestimmend, d.h. nur gedanklich sein kann, festlegt.
Das Bewußtsein ist Zusammenhang mit sich selbst in den diversen Formen der Einheit aller seiner Leistungen, die in jedem Augenblick ihre dynamische Genese verloren haben und zu einem Bestand verschmelzen, der wie ein unbewußter Schatz nur einen Punkt berührt und allein so beansprucht zu werden scheint. Aber der Jetztpunkt des Bewußtseins, dieser notwendige Tribut an das wirkende, mitreißende, nur unmittelbare und so verschlossene Leben der Bewußtheit, ist unendlich porös; durch ihn führen unmittelbar Gedanken zu den in das Ganze ein- und zusammengeflochtenen einzelnen Gedanken, die sich aus dem durch sie gebildeten Entwicklungsstand des Bewußtseins lösen können, ohne seine Färbung je zu verlieren. Von hier aus wird es verständlich, warum Eindrücke, scheinbar unwillkürlich, andere Assoziationen hervorbringen können, sogar müssen, die wie versunken gleichsam darauf warten, geweckt zu werden. Weil sie nicht nur Eindrücke, sondern im Bewußtsein und für es, für seinen Raum, seine Erweiterung im schon entfalteten Zusammenhang vorgeprägte Gedanken sind, setzen sie sich mit den der ganzen integrierten Struktur ähnlich gewordenen einzelnen Gedanken, die ihnen die ähnlichsten sind bzw. die Integration durch Ähnlichkeit erlauben, deshalb unmittelbar in Beziehung, weil sie unmittelbar, wenngleich kontaminiert mit allen anderen schon da waren. So entfaltet das Neue das schon Vorhandene, aber nur so punktuell, wie es zwangsläufig seiner Natur nach im endlichen, der Bewußtheit verhafteten Bewußtsein allein sein kann. Die integrative Tätigkeit des Bewußtseins am Neuen erweist sich so als die differenzierende, belebende Kraft, die das Verschlossensein des Bewußtseins im Augenblick, in dem es zur bloßen Bewußtheit zu regredieren droht, in seine Gliederung zurückbringt, die instantan an den evozierten Einzelheiten seiner Genese aufbricht und erscheint.
Die Fähigkeit aktueller Eindrucksgedanken, die Ko-Präsenz der ihnen ähnlichen aus der intensiven Totalität der Leistungen des Bewußtseins zu evozieren, bezeichnet ihre Bedürftigkeit, angeschlossen zu werden. Sie selektieren aus der Totalität des Zusammenhanges des Bewußtseins, dem sie sich zunächst unmittelbar ein- und anpassen, um es so auch zugleich zu verändern, seinen aktuellen Bezugskern, ebenso wie an ihnen selbst sich das Bewußtsein, zunächst selektierend und für sie und es eingrenzend, sich geltend, zur Form macht. Aber nicht nur das Verwandte, das schon eingemischt ist, in dunklen Zonen suchend und erregend meldet sich der aktuelle Eindrucksgedanke; er kann, wie oft - unter bestimmten Bedingungen - der musikalische 'Gedanke', das ganz Andere zu ihm selbst hervortreten lassen, wenn er das Bewußtsein auf eine für es an sich gleichgültige, erstreckte Gegenwart versammelt, die dessen Eigenbewegung dem ernsten Spiel subjektiver Dominanzen freigeben kann, die nicht mehr hinter eine ganz beanspruchende Aktualität zurücktreten können. Das freie Flottieren dessen, was man gewöhnlich das assoziative Potential des Bewußtseins nennt, zeigt die erste Freiheit des Bewußtseins an; es ist dies die Freiheit eines 'Wissens', das sich zunächst nur als unbestimmtes Ahnen in der eindrucksvoll gebundenen Bewußtheit meldet, noch ein ganz anderes als das sein zu können, was das von der Form, d.i. von ihm selbst mitgebildete Aktuelle ist. Eindrücke, die schon von seiner Form geprägt, also Gedanken sind, begleiten es, wie es sie begleitet und formt. Wie unzureichend immer diese - erste - Freiheit sein mag, sie ist und bleibt doch die Grundlage auch noch der entwickeltsten, höchsten Freiheit; denn in ihr erfährt das Bewußtsein unverlierbar dies, daß es sich als ein immer entwickelbares Eigenes auch in alldem ausprägt und erhält, was die Bewußtheit zu registrieren diktiert.
Bewußtsein ist intentional. Es ist konzentriert in dem versunken, von dem es sich in seiner ersten Freiheit auch abheben muß. Versunkenheit heißt Erfülltsein von und mit dem, was durch seine Unterscheidungskraft für es ist. Bewußtsein ist dem einbezogen, worauf es sich auch immer bezieht, was bedeutet, daß Bewußtsein in seinen Gedanken ganz an sich und sie verloren, in sie eingegangen ist. Es ist, in dem es in die Einzelheiten eindringt, aus denen eine Welt werden kann, bei sich selbst, insofern es dabei an dem ist, wodurch es je aktuell ist, was es über registrierende, bloß reagierende Bewußtheit erhebt. Bewußtsein ist nicht - wie durch ein Verhängnis - immer auf irgendetwas, einen gleichgültigen, vorgegebenen Stoff verwiesen, dem es aus quasi natürlichen Gründen nicht entrinnen kann, sondern es konstituiert sich mit ihm in unverwechselbaren Augenblicken. Es wird sich seiner selbst als Realität sui generis inne, die gegliedert, dimensioniert ist, weil es an dem, worauf es sich bezieht, wie immer dieses auch bestimmt sein mag, Veränderung erfährt, und sei es auch nur die der bloßen Fortsetzung und Erweiterung. Der auftauchende neue Gedanke, und sei seine Basis auch die naturale Beeindruckungsfähigkeit, fällt nicht wie ein Kiesel in ein aufgespanntes, schon fertiggeknüpftes Netz, sondern er wird diesem einbezogen als sein Moment. Seine erste fundamentale Bestimmheit, die vor allen so oder so vorgeprägten Qualitäten schon da ist, mit denen er das je entwickelte Bewußtsein bestimmt differenzieren kann, ist diese, daß er Grenze ist bzw. als solche erscheinen muß. So aber ist er ursprünglich als Konstituens des Bewußtseins entdeckt; er wird Grenzstelle, die die offenbleibende Dimension des Bewußtseins eindeutig markiert, um sogleich wieder - in ihr und ihm - zu verschwinden.
Im Sogleich liegt, daß die Bestimmtheit zunächst unwesentlich ist; es liegt darin, sofern Gedanken aller Art immer an der Grenze, im Augenblick erscheinen müssen, ohne daß dies ein Moment ihrer spezifischen Bestimmtheit wäre, je sein könnte; ferner dies, daß die Grenze selbst qualitätslos-leer ist und über sich hinausgeht, und Leere als Fortsetzung des Bewußtseins in ihm selber entsteht, sofern es im Gedanken Grenze erfährt und bis zu ihr im Gedanken vordringt, sie sich im Bewußtsein erschafft: Leere als der 'Grund' der Dimension des dauernd sich in seinen Grenzen verschiebenden Bewußtseins. Eben dies, daß Gedanken an den Grenzen des Bewußtseins, in seinen Stationen oder wie solche Grenzen, als ob sie selbst diese wären, momentan erscheinen, macht es aus, daß sie als Grenzen erfahrbar werden und diesen Grundzug auch im verschmolzenen Aufbau des Bewußtseins, das sie umfaßt und immer neue Gedanken hervorbringt, nicht verlieren können; deshalb müssen auch die wiederbelebten, aktualisierten Gedanken notwendig in Augenblicken auftreten und wieder äußere Grenzen werden.
So unverrückbar, unaufhebbar der Grenzcharakter aller Gedanken - an sich und für das Bewußtsein - sein mag, so sind sie doch auch hinsichtlich ihrer Bestimmtheit vom Bewußtsein um- und schon erschlossen. Das Grenzesein aber macht es aus, daß den Gedanken in allen Bestimmungsprozessen, die sie entweder selbst auslösen oder aber sich verändernd 'erleiden', die Festigkeit in ihnen selbst erhalten bleibt. Das schließt es freilich nicht aus, daß sie in einem miterwirkten Zusammenhang des Bewußtseins - dessen imaginärer Mittelpunkt das Bewußtsein selbst mit seinem herausgehobenen, zur dominierenden Wesentlichkeit für es im Augenblick seiner nach innen oder außen gerichteten Selektion konzentrierten Kerngedanken ist - untergehen können; das Vergessen, der scheinbare unproduktive, gar kontraproduktive Verlust oder Untergang von einzelnen Gedanken in die ihre isolierten Bedeutungen zum Verschwinden bringenden übergreifenden Zusammenhänge, ist nicht ohne Grund die fundamentale Bedingung des Kontaktes mit externer Wirklichkeit und der Anpassung an sie. Die wesentliche Endlichkeit der Gedanken, ihr Versinkenkönnen in einem von ihnen miterwirkten und mitbestimmten Kontext bedeutet auch dies, daß sie den Raum der Realisierung der ersten Freiheit des Bewußtseins eröffnen; das beständige Aufheben der Bindung des Bewußtseins an seine innere oder äußere Realität im Augenblick ist Bedingung dafür, daß das Bewußtsein sich selbst bzw. das, zu dem es sich entwickelt hat, als eine disponible Größe im Abstand von und zu sich ergreifen kann.
Das Bewußtsein ist wesentlich zunächst momentan fixierte 'Erfahrung', Registratur seiner Endlichkeit. Seine innere und äußere, externe Kontakte aufnehmenden Gedanken dokumentieren den bleibenden Grund der naturalen Bewußtheit, die sich im zeitlichen Strom des Bewußtseins als seine überall gleiche, aber ganz unspezifische 'Struktur' durchsetzt; 'strukturierend' fungiert, wirkt diese, sofern sie selbstmächtig das Bewußtsein augenblicklich in das je aktuelle Jetzt einzwingt und in dieser Konzentration von sich in seiner erstreckten Zeit sowie damit auch von seinen dieser angehörenden Inhalten ablöst. Diese Endlichkeit, die es ausmacht, daß nur Fragmente des zeitlichen - und räumlichen - Universums registriert und einbezogen werden können, um begrenzt deutbar zu werden, wird ergänzt durch die sinnliche Beschränktheit, die durch jene den Trost prinzipieller Defizienz bekommt. Denn selbst im Gedanken, daß die sinnlichen Kontaktmöglichkeiten mit Wirklichkeit, die dem an Bewußtheit gebundenen Bewußtsein allein gegeben sind, nicht auf fünf, sieben, oder noch soviele Sinne eingegrenzt wären, liegt immer noch dies, daß die Zeitlichkeit nur aufblitzende und zugleich versinkende Fragmente zulassen kann, die vom Bewußtsein, von ihm allein, als Welt andeutende Teile genommen und so verarbeitet werden können.
Die 'Erfahrung' der Endlichkeit äußert sich wesentlich nach den beiden Weisen der Einstellung des Bewußtseins. In äußerer Intentionalität begegnet dem Bewußtsein im Gedanken das beeindruckende Neue, das gerade dann, wenn es seine Macht an die Potenz und zur Freiheit des Bewußtseins verlieren können soll, integriert werden muß; Integration kann immer auch rasche Ausscheidung durch Rubrizierung in den Bereich des Unwesentlichen oder schon allzu Bekannten bedeuten. In äußerer Intentionalität erfährt das Bewußtsein unmittelbar den Gedanken, der immer endlich ist, als Gewalt, die auf seine Veränderung dringt, oder aber sich selbst als Gewalt über ihn; in jedem Falle aber erfährt es dann und so sich als Realität in den Schranken seiner Bestimmtheit. Es wird sich als Realität oder sich in seiner Realität aber auch in der inneren Erfahrung durchsichtig. In der bloß inneren Einstellung auf einen seiner Gedanken, in der es sich die Freiheit der Ausblendung seiner Kontaktmöglichkeiten nach außen nehmen muß, macht das Bewußtsein entweder die Erfahrung, daß in jedem seiner Gedanken, wenn man sie in ihre internen Beziehungen zerlegt, die noch nicht entdeckt waren, Kräfte der Veränderung ruhen, die sich im ganzen, von ihm nur berührten oder schon eingreifend bestimmten Zusammenhang - diesen verändernd - durchsetzen, zur unübersehbaren Geltung bringen können, oder aber es erfährt in der bloßen Wiederholung die Kraft der Veränderung von Gedanken dadurch, daß es auf diese Weise auf seinen Bewußtheitsgrund zurückgebracht wird, der, ohnmächtig an der Bestimmtheit der Gedanken vorbei, die immer gleichen Präsenzstationen hervorbringt, die Macht nur an den Grenzen oder als die Grenzen der Gedanken entfalten können.
Das 'wahre', nämlich das ganz unbestimmte 'Ich=Ich' wird in der bloßen Wiederholung gesetzt: das überallhin begleitende, immer gleiche Innesein, die leere Folie, vor der alle Gedanken erscheinen müssen, ohne dadurch bestimmt zu sein. Die stationäre Erscheinungsweise der Gedanken, diese unabänderlich negative Gewalt der Bewußtheit im Bewußtsein, das dadurch endlich ist und in der lebendigen Basis zugleich verlöschen muß, hat allerdings insofern auch selbst bestimmende Kraft, die in ihrer Äusserung so als wirklich erfahren wird, wie sie selbst wirklich ist, d.h. in der Zeit als das reale Subjekt in eine leere Zukunft fortgerissen wird, als sie die Grundlage und somit auch ein Formmoment der Konstitution von Bestimmtheit ist und über diese sich selbst mitbestimmt.
So wichtig es auch ist, Bewußtheit und Bewußtsein voneinander abzuheben, so unabdingbar ist es doch auch, die Zusammengehörigkeit zu erkennen, die mit der sich durchsetzenden Endlichkeit schon bezeichnet wurde. Zusammengehörigkeit besagt hier nicht den bloßen Zusammenbestand zweier Faktoren, sondern dies, daß das System des Bewußtseins, wie es sich je entwickelt hat, sich bis hin in das Zentrum, den lebendigen, real bewegten Kern der Bewußtheit entwirft und es bzw. ihn bildend durchsetzt. Daß die Leistungen des Bewußtseins bzw. ihr System sich bis in den lebendigen Kern, diesen ergreifend und umfassend, entwerfen können, ist unmittelbar daran ersichtlich, daß die Bewußtheit sich selbst zu einem unmittelbar, d.h. in ihren Augenblicken sich realisierenden, reaktiven Potential entwickelt. Die wesentliche Endlichkeit aller Gedanken für das Bewußtsein, deren Grund in der Bewußtheit liegt, macht es aus, daß ihr in der Bewußtheit entsprochen werden kann. Die Gedanken sind so die Signale, die ohne den ihnen schon inhärenten internen Kontext mit der Bewußtheit einen eigentlich bewußtlosen Zusammenhang eingegangen sind. Daß Gedanken in die Bewußtheit eindringen können, zeigt an, daß das - ihre Bestimmtheit für das Bewußtsein und damit ihre Kontextfähigkeit begründende - Element formaler Endlichkeit aus der Bewußtheit selbst kommt, die den Gedanken ihre Faßlichkeit, die Kontamination mit ihr in ihrer Zeit: Präsenz gibt. Daher ist die Bewußtheit eines Wesens mit Bewußtsein immer auch schon aus sich über sich hinaus bei dem, dessen Endlichkeit in ihr fundiert ist, dessen Verschmelzung in Wahrheit ihre Verschmelzung mit ihm ist. Solche Bewußtheit ist immer schon bestimmte, und sie realisiert sich z.B. als die Entäußerung eines reaktiven Potentials, das sich in der Auseinandersetzung mit Wirklichkeit gebildet hat.
Die Grenze des Jetzt im Bewußtsein ist nicht für es; denn was da für es wäre, wäre schon nicht mehr für es, weil es augenblicklich auch schon wieder verschwände. Die Grenze ist nichts für das Bewußtsein, in dieser Beziehung reduziert sich Bewußtsein auf die bloße, die blinde und gestaltlose, in der Zeit sich treibende und getriebene Bewußtheit, es sei denn, daß das Bewußtsein an seiner jeweiligen Grenze noch das von dieser Verschiedene und auf sie Bezogene, wenngleich nicht notwendig als Bestimmtes selbst hat: Dann ist es Erleben von Dauer in Dauer. Bewußtsein ist immer das Mithaben von anderem in dem, was es hat, und insofern transzendiert es imaginär die wirkliche Jetztfixiertheit seiner lebendigen, bloßen Bewußtheit, durchbricht die stationäre Begrenztheit im Gedanken der öffnenden, weil ihr Diesseits und ihr Jenseits freigebenden Grenze. Als mithabendes Haben von etwas ist Bewußtsein immer das schon bestimmte; denn das Mitgehabte ist wesentlich anderes als das im - unmittelbaren - Haben Gehabte, das ohne das mitgehabte Andere nicht zu haben ist: Bewußtsein ist also immer schon in Relation und deshalb ursprünglich bestimmt, und zwar durch sich. Daraus aber ergibt sich, daß intentionale Korrelate nur für Bewußtsein sind, weil dieses immer schon interne Beziehung ist. Intentionalität ist deshalb nicht eine unerklärbare Wesensbestimmung, sondern Leistung des Bewußtseins, sich durch die Grenzen bzw. an und in ihnen, die mit den Erinnerungen und dem aktuellen Jetztpunkt gegeben sind, eine feste Struktur zu geben, die in allen bestimmten Selbst- und Fremdbezügen sich durchhält. Der Grenzcharakter alles dessen, was für das Bewußtsein nur sein kann, reproduziert die Grenze des Bewußtseins an der Bewußtheit, an der es nicht ist, von der her es werden kann, die sein bleibender Grund ist, der aber für es nur in seinen Erinnerungsbeziehungen als solcher werden kann. Nicht etwa nur von außen entsteht dem Subjekt der Zwang, Bewußtsein, d.i. Beziehung der in bloßer Bewußtheit, im Jetzt auftauchenden Eindrücke zu werden; es ist dies dem Bewußtsein wesentlich und innerlich, daß alle seine Gehalte, geregelt oder regellos, an der Kernstelle Bewußtheit auftauchen, um in den sie erfassenden und immer schon umgebenden Beziehungen des Bewußtseins, es verändernd, einerseits zu verschwinden, andererseits aber sie und es überhaupt erst zu setzen; denn Bewußtsein ist die Beziehung auf Bewußtheit nur in Bewußtheit. Bewußtsein ist wesentlich durch die Differenz zwischen dem, was es als Grenze, als Bewußtheit, schon war, zu dem, was es je ist. Die innere Gliederung des Bewußtseins, welche die Intentionalität meint, gründet in der konstitutiven Spannung zwischen Bewußtheit und Bewußtsein, die sich erhält. Intentionalität des Bewußtseins bedeutet zentral, vor der Bedeutung des immerwährenden Bezogenseins auf etwas, daß die naturale Bedingung des Bewußtseins, die unaufhörlich neue Bewußtheit, der präsente Grund ihres Verschwindens und ihrer modifizierten Erhaltung ist. Gleichgültig, was es auch sei, wie immer es inhaltlich 'erfüllt' sein mag: Bewußtsein ist immer nicht nur auf etwas bezogen, es ist diesem als dem Definiens der je aktuellen Beziehung auch einbezogen.
Von hier aus läßt sich der zentrale Satz des Bewußtseins erklären: Bewußtsein ist Interferenz von Bewußtsein mit Bewußtsein im Bewußtsein. Freie Interferenzen geschehen beständig. Eindrücke werden von Vorstellungen überlagert, gefärbt; Vorstellungen sind ihrerseits von Interferenzen mit anderen bestimmt. Sie werden auf diese Weise beständig und sogar fundamental verändert. Der Eindruck verliert seine Gewalt, die er nur im Augenblick und in seinem Nachbeben haben kann, die Vorstellungen - von einer Sache oder Sachverhalten - geraten in veränderte Grundperspektiven, die ihren nur abstrakt festhaltbaren Gehalten eine immer neue Gestalt geben. Nichts, was für das Bewußtsein je schon geworden ist, selbst der scheinbar elementare Eindruck, den Bewußtsein an seiner Bewußtheitsgrenze erleidet und aufnimmt, ist damit schon abschließend determiniert. Der Eindruck, der sich in einem auf ihn vorbereiteten, im Erwartungshorizont ihn mindestens vage oder als nur möglich antizipierenden Bewußtsein geltend macht, ist dadurch schon bestimmt und geschieden von einem Eindruck als dem plötzlichen Einbruch eines ganz Neuen, Unerwarteten. Alltäglich erfahrbar ist die fundamentale Interferenz von Bewußtsein mit Bewußtsein im Bewußtsein in der das subjektive Leben durchherrschenden Stimmung, die so oder so die ganze Rezeptivität, also auch die des Geistes mit seinen Materien, bestimmt, einschränkt oder öffnet. Das im Bewußtsein je aktuell Vollzogene ist prinzipiell keine isolierte Größe, sondern ursprünglich schon Angeeignetes oder doch für Aneignung Passendes oder gar schon Gedeutetes bzw. Vorgedeutetes. In jedem Fall läßt sich unmittelbar konstatieren, daß der bloße - z.B. erste - Eindruck an der Bewußtheitsstelle des Bewußtsein, wegen seiner Isolation, interferenzlos als amorph-bewußtseinslos 'bestehen' und instantan vergehen muß. Aber gerade dies, daß er vergeht und das Bewußtsein von ihm im Bewußtsein von anderem freigibt, begründet, erzeugt seine Interferenz und also mögliche relationale Bestimmtheit durch das und allein im Bewußtsein, das seinen Grenzcharakter hervorhebt und erhält, zugleich aber damit neue Bewußtheit, die Grenze ist, schafft, die sich durch die und in der Interferenz ergibt. Was an der Bewußtheitsgrenze, die als solche selbst immer schon ganz unmittelbar mit dem Bewußtsein interferiert und als interner, intentionaler Bezugspunkt in der Überschreitung so betroffen wird, wie er selbst bestimmend wirkt, zunächst als das ganz heterogene, amorphe Eindrucksereignis bloß geschieht, das bekommt nicht erst in den erzeugten logisch-formal gestalteten Bewußtseinsinterferenzen, die sich zu festen, durchbildeten Beziehungen verdichten können, von Anfang an den 'Charakter' des Veränderbaren in der spontanen Bewegung und Erzeugung immer neuer Grenzen sowie ihres Zusammenhanges: Unvermeidlich verlieren sich die 'Charaktere' des Neuen, Überraschenden, Verwunderlichen, Überwältigenden.
Interferenz ist Leistung des Bewußtseins. Wie, und d.h. immer, womit Eindrücke in Beziehung treten, interferieren und so immer neue hervortreiben, das liegt nicht in ihnen, sondern in der freien Leistung des Bewußtseins, die es freilich, je reicher und sicherer es sich durchbildet hat, selbst kontinuierlich einschränkt. Indem das Bewußtsein Interferenzmuster, d.h. bestimmte Beziehungen am interferierenden Material, die seine Diffusion verhindern und die Übersetzung geschaffener Beziehungen in neue erlauben, entwickelt, schränkt es seine Fähigkeit, sich von den Eindrücken zu distanzieren, zwar ein, gewinnt aber zugleich die Freiheit bestimmter Vertiefung und Ausbreitung. Indem es die interferierenden Eindrücke vom Schwebezustand in die Begriffe der Verbindung von Grenzen fixiert, fügt das Bewußtsein seinen spontanen Möglichkeiten zu verbinden, interferieren zu lassen, die der Freiheit von der augenblicklichen Gewalt des Eindrücklichen, das ihm ganz Eigene hinzu: die relationale Bestimmtheit, die letztlich die unendlich sich realisierende Freiheit als Beherrschung des Materials in den Netzen der über es geworfenen, für sie unendlich entwerfbaren Kontexte ist. Diese Freiheit des Bewußtseins, die nur als unendliche, selbstgetätigte Arbeit, als Prozeß sinnvoll realisiert und gedacht werden kann, bleibt aber konkret vollzogen dennoch endlich, ja gründet in gewisser Weise geradezu in Endlichkeit. Der Stoff gebende, aber im Augenblick seine Macht sogleich auch verlierende Eindruck gibt darum auch Freiheit, aber nur solche, die wesentlich bestimmt ist durch neue, heterogene oder bewußtseinsimmanente Eindrücke, die auftauchen und selbst wieder sofort vergehen.
Das Bewußtsein verliert seinen Kern, von dem her es sich entwickelt hat und bezüglich dessen es sich immer neu entfalten, stabilisieren und verändern muß, nie. Es bleibt verwiesen auf das vergängliche, so Freiheit gebende, aber immer wiederkehrende Andere seiner selbst: Es ist so das Bewußtsein von etwas als dasjenige, dem dieses nicht nur äußerlich entsteht, sondern das sein Einbezogensein und -bleiben ausmacht. In sich ist Bewußtsein ein heterogenes Kontinuum, die Einheit seiner Interferenzleistungen, die auf seinem heterogenen Erinnerungszwang beruhen. Das Bestehen dieser Heterogenität, als des Grundes des Bewußtseins in ihm, bezeugt sich immer wieder eindrucksvoll an den assoziativen Kräften und ihrem Spiel mit dem Bewußtsein, in dem sie sich gerade dann immer einstellen und aufdrängen, wenn dieses dekonzentriert, d.h. nicht dezidiert an der Bestimmtheit und Grenze seines Gehaltes orientiert ist. Je dekonzentrierter das Bewußtsein - z.B. als schlafendes, als welches es bisweilen sogar ganz verschwindet, aber doch immer als Bewußtheit aufnahmefähig bleibt! - ist, um so regelloser walten die darum aber nicht bedeutungslosen Assoziationen; diese sind vielmehr deshalb, weil sie in ihren Teilen und auch in ihrer Zusammensetzung letztlich auf Leistungen des Bewußtseins zurückgehen, immer auch irgendwie bedeutungsvoll, was aber nicht impliziert, daß sie dies auch in ihrem Sosein und der Zusammenstellung ihres Auftauchens sind.
Der prägende Anteil des Bewußtseins ist bei Assoziationen, die das gewöhnliche Bewußtseinsleben begleiten, bisweilen auch mehr oder weniger beherrschen, unübersehbar. Sie verlaufen in Bahnen, die einen bewußt gesteuerten oder steuerbaren Zusammenhang, der aus gesetzten Beziehungen mit Bestimmtheiten in sie eingeht, evozieren. Assoziationen sind wesentlich schon selektiv, sie zeichnen den folgenden vor, was sie allein sein können in einem bestimmt entwickelten Bewußtsein. Gegenstände, die assoziiert werden, rufen je nach der sozialen oder kulturellen Umgebung, in der sie eine je bestimmte Bedeutung schon haben, prosaische, bisweilen sogar symbolisch relevante weitere Assoziationen herbei. Da alles, was für das Bewußtsein ist, dadurch, daß es allein in Beziehungen erfahren wird, Bedeutung, nämlich die Bedeutung in dieser Beziehung oder als deren Glied, bekommt, ist ein assoziativ aufsteigender Bewußtseinsgehalt von vornherein schon konnotativ; er lenkt das Bewußtsein zu Stationen, die im Felde seiner Bedeutung durch die sie begründende Erfahrung des Beziehung-Stiftens liegen. Er stellt das Bewußtsein auf einen seiner bestimmten vergangenen Zustände ein, er kann es einstimmen, d.i. in die Atmosphäre des ursprünglichen Erlebens zurückbringen. Assoziationen, die wie Eindrücke von außen zunächst nur an der Stelle der Bewußtheit auftauchen, um aber unmittelbar die in ihnen liegende Bedeutung in einen beziehenden Bewußtseinsvorgang im Bewußtsein umzusetzen, bilden Zusammenhänge und sind deshalb vom Bewußtsein als bedeutsam und nicht bloß als willkürlich erfahrbar. Es liegt hier schon eine - allerdings noch nicht notwendig explizite - Selbsterfahrung des Bewußtseins vor: die Erfahrung der eigenen Leistung im Erfahrenen. Die Interferenz assoziativer Gedanken - deren wenigstens formale Gedanklichkeit auf Grenzen setzenden und Beziehungen stiftenden Leistungen des die bloßen Eindrücke anverwandelnden Bewußtseins beruht - ist nichts anderes als die Bedeutung konstituierende Verwandtschaft von bedeutenden Beziehungsgliedern. Das Auftauchenkönnen von Assoziationen, dieses quasi naturale Bestimmtwerden des Bewußtseins durch etwas, was es bestimmt und steuert, ohne selbst am Ursprung des Auftauchens durch es gesteuert zu sein, das aber selbst schon vorgeprägt ist, zeigt an, daß das Bewußtsein die Beziehung auf seinen Ursprung nicht verliert: Bewußtsein bezieht sich seinen Ursprung ein, an dem es außengewendet und immer intentional lebt, es ist deshalb Selbstbewußtsein schon und wesentlich auch an seiner Grenze: Beziehung in ihm selbst, in der der unverfügbare, spontan begleitende und permanent als Grenze zu Grenzen sich verschiebende Kern - lebendige Bewußtheit - und die bezogenen Stoffe in der erzeugten Beziehung, denen und der es einbezogen ist, zugleich interferieren und auseinandertreten.
Aus der Bewußtheit kommt dem Bewußtsein zu, was mit, was in ihm interferiert und zu einem Ganzen verschmelzen muß, was, sofern es für das Bewußtsein relevant oder konstitutiv sein soll, in sich gegliedert, zugleich aber der bleibenden Bewußtheit anheimgegeben sein muß. Weil Bewußtheit der bleibende Grund allen Bewußtseins, in dem das Subjekt aus der Abgeschlossenheit in seinen Stationen durch die eigene Beziehungsleistung befreit wird, ist, muß das Ganze aus den Interferenzen selbst wieder augenblicklich-stationär, zur prinzipiell wieder entfaltbaren und wiederholbaren, gegliederten Präsenz des Bewußtseins im Augenblick werden. Die Gliederung, dieses Produkt der geleisteten Beziehung von Interferenzen in ihren formalen, Form gebende Grenzen zu einem Ganzen, das selbst wieder interferieren kann, ist deshalb notwendige Bedingung von Bewußtsein, weil die wenigstens denkbare dauernde Hingabe des 'Subjekts' an den dauernd gleichen Eindruck zu bloßer Bewußtheit führen muß bzw. über solche nicht hinauskommen kann; das Nichtgefordertsein von Beziehungsleistungen für interferierende Eindrücke muß dazu führen, daß das Bewußtsein verödet, daß die in der Präsenzzeit des Bewußtseins als Beziehung stiftende Einheit allein sich entwickelnden Grundlagen einer entfalteten und reichen Subjektivität überhaupt erst nicht entstehen oder aber, sollten solche schon entstanden sein, in der Langeweile des Ewig-Gleichen zum Verschwinden kommen. Das subjektive Bewußtsein wehrt sich gegen Langeweile, sucht neue Eindrücke als Belebung seiner selbst, d.i. der sich erhebenden, produktiv umschließenden, sich selbst darin einschließenden Aktivität, oder erleidet sie, weil es weiß, daß es in der Langeweile auf dem Wege ist, der letztlich zu seiner vollständigen Aufhebung führen muß.
Wie die Leistung der Gliederung mit Bestimmtheiten sich aufbaut und ordnet, sei hier noch dahingestellt; zunächst ist nur darauf zu achten, daß Bewußtsein eo ipso Gliederung, die Konzentration interferierender Eindrücke in ihm, auf den in ihm liegenden Punkt der Bewußtheit ist. So entsteht dem Bewußtsein ein punktuell erlebbares Ganzes, dem es schon wesentlich integriert ist. Punktuelle Konzentration als die formal-allgemeine Grundlage von Differenzierung und Integration regrediert nicht in dumpf-amorpher Bewußtheit, sondern reproduziert diese als bestimmte Grenze des Bewußtseins in seinen fliehenden, nur in Inbegriffen faßlich zu machenden Augenblicken, d.i. in seiner inneren Dynamik, die das Ganz als seinen Prozeß erlebbar macht. Dieses Ganze ist ursprünglich bestimmt, weil es den Charakter der Grenze sowohl gegenüber dem, was durch Interferenz in es eingegangen ist, als auch dem gegenüber hat, was noch außerhalb seiner, in der Zukunft des sich immer wieder neu ganz machenden Bewußtseins liegt. Der Grenzcharakter ist nichts anderes als eine Übersetzung der punktuell sich verschiebenden Jetztbewußtheit im Bewußtsein, das diese also übergreift, so wie sie von ihr unvermeidlich stets ergriffen wird. Das allein punktuell erlebbare Ganze hat sowohl mit seinen inneren, zusammengezogenen als auch mit den äußeren Grenzen die formale Grundbedingung von Bestimmtheit erfüllt. Auf es kann das Bewußtsein sich konzentrieren, wenn dieses Ganze in sich so bestimmt ist, daß innerhalb seiner Grenzen integrierbare Interferenzen weiter möglich sind, wenn es also ein Ganzes mit Dimension oder als Dimension ist, wenn also der Punkt Dimension hat bzw. die Dimension punktuell zum Bewußtseinsspringpunkt wird. Ein solches Ganzes schließt sich nach außen ab, weil die punktuelle Dimensionalität der interferierenden Eindrucksgedanken oder Glieder durch das Bewußtsein gesetzt ist, und diese insofern schon homogenisiert und von ihrer Eigenbestimmtheit, also von bloßer Bewußtheit abgelöst sind. Das Abgeschlossensein nach 'außen', diese Leistung des Bewußtseins, reproduziert den Grenzcharakter der Glieder als Abgeschlossensein im Bewußtsein, d.i. als die Erhaltung der Funktion von Bewußtheit nicht nur als dunklem Grund, sondern als dem mit dem Bewußtsein interferierenden und so bestimmt bestimmenden.
Das Abgeschlossensein der Interferenzbeziehung von Bewußtsein und Bewußtheit ist nicht nur bloß abgesetzt von ihrer äußerlichen, nur gespürten Bewußtheit, wie sie sich in indifferent bleibenden Begleiterlebnissen oder in störenden, aufdringlich-obsessiven, gegenüber der Interferenzganzheit fremd bleibenden Bewußtheiten heterogener Eindrücke bezeugt. Nur begleitende, aber auch die störenden, Konzentration bedrohenden Erlebnisse am Rande, sind zunächst nur negativ abgesetzt, wobei die abgesetzten, nur begleitenden Erlebnisse des Bewußtseins - Musikhören neben oder bei wissenschaftlicher Arbeit z.B. - die Freiheit und Immanenz des Bewußtseins gegenüber seinem unverlierbaren Grund bezeugen, während die störenden Eindrücke die labile Interferenzeinheit von Bewußtheit und Bewußtsein dekonzentriert und den Unterschied von Haupt- und Nebenerlebnissen aufhebt, diesen und diese nivelliert. Labil ist und bleibt die Interferenzeinheit, weil Bewußtheit und Bewußtsein notwendig sich nicht vollständig vermitteln; der Bewußtheitsgrund oder die lebendig-dauernde, begleitende und determinierende Grenze werden nicht frei vom Bewußtsein gesetzt, sondern lediglich im Sosein tangiert. Der Grund des Bewußtseins ist nicht durch es, sondern fremd in ihm, ein solches, auf das sich Bewußtsein intentional wie auf anderes Andere beziehen kann und muß, weil es das in ihm für es Andere ist, das es immer schon einbezogen hat: Bewußtsein wird nicht aus kontingenten Gründen sich selbst fremd und so sein eigener Bezugspunkt, etwa im Blick auf die Genese seines Soseins, sondern es ist wesentlich in ihm auch das fremde Andere, die augenblickliche, im Jetzt fixierte, wenngleich nicht vollständig amorphe Bewußtheit - denn diese ist in ihrem eigenen Sosein, z.B. hinsichtlich dessen, was in sie dringt und wie etwas sich bewußt macht, schon gefärbt, wenn nicht sogar fest vorstrukturiert -, die es von sich selbst abrücken läßt und Vergangenheit als Genese freisetzt. Wechselseitig begleiten und bestimmen sich Bewußtheit und Bewußtsein, aber sie durchdringen sich nicht vollständig; daher bleibt die Bewußtheit für sich dunkel, und das Bewußtsein ist dem lebendigen Augenblick, in dem es seine für es konstitutive Differenziertheit verliert, ausgeliefert.
Zunächst bloß negativ abgesetzt ist das, was außerhalb der labilen Interferenzeinheit des Bewußtseins liegt. Die wie auch immer näher zu bestimmende Abgesetztheit des Bewußtseins - als Konzentration nach innen - reproduziert nach außen die innere Separation von Grund und Struktur im Bewußtsein, in welcher seine konstitutive Labilität fundiert ist. Bloß negative Absetzung allein reicht allerdings nicht aus, seine und ihre Bestimmtheit bzw. deren Ursprung verständlich zu machen. Die abgesetzten, letztlich undurchdringlichen Faktoren - Bewußtheit und Bewußtsein, wobei letzteres Produkt interferierender Eindrucksgedanken im Bewußtsein ist, es setzt sich also in gewisser Weise selbst voraus, man stößt auf es als ein solches, das schlechthin beim Verstehen seiner selbst nur auf es selbst stößt, ohne es zu erreichen oder hinter sich zu kommen! - sind bestimmt, weil sie in Einheit miteinander sind, die ein Drittes ist. Es ist dies ihre Interferenz, die sie nicht nur zusammenfaßt, sondern bestimmt. Die Faktoren verharren in dieser Einheit letztlich undurchdrungen, ihre Bestimmtheit - und nichts anderes ist Bestimmtheit - ist relationale, sie entsteht in der Beziehung. Sie sind durch ein bestimmtes Drittes - Bewußtsein - bestimmt, das durch sie nur dadurch bestimmt ist, daß sie durch es bestimmt sind als diese bestimmten Faktoren. Die Bestimmtheiten gehen hier aber nicht in wechselseitiger Abhängigkeit, in leerer Beziehung verloren; denn es besteht zwischen ihren Bestimmtheiten, obgleich sie durcheinander sind, der Unterschied, der aus der Asymmetrie resultiert, die zwischen der aus zwei Bestimmtheiten aufgebauten, konstitutiv synthetischen Bestimmtheit der Interferenzeinheit, welche jene faktoriell macht, und ihrer Bestimmtheit besteht, von der man weiß, daß sie zwar nur in Einheit zu wissen und in ihr allein in Funktion ist, aber eben doch als undurchdringbare, auch außerhalb dieser Relation und insofern im Nebeneinander die sich erhaltende ist.
Das Abgeschlossensein des Bewußtseins - nach außen - ist Bestimmtheit in ihm selbst. Es ist deshalb nicht bloß negativ nach außen abgesetzt, sondern als bestimmtes in Geltung und Funktion qualifiziert. Im nicht-leeren, qualifizierten, unendlichen Urteil ist das Bewußtsein von dem, was noch nicht oder nie für es ist, geschieden. Das unendlich Abgeschiedene reproduziert in seinem Charakter - des unendlichen Abgeschiedenseins - das undurchdringbare Verhältnis der Grundkomponenten der Interferenz im und für das Bewußtsein. Ihre Bestimmtheit ist unendlich; denn ihr Abstand bleibt zu dem in ihr Fixierten so und deshalb unendlich weit, wie und weil Bewußtheit und Bewußtheit als separierte, in Augenblicken eingeschlossene und instantan sich ablösende Zustände des lebendigen Systems in seinem Registrieren der Wirklichkeit als sich modifizierende Selbstwahrnehmung - sowie Bewußtheit und Bewußtsein auch als interferierende und in interferierender Einheit im Bewußtsein geschieden sind und bleiben. In dieser Unendlichkeit der Bestimmtheit, insofern in ihr alles offen, abständig bleibt, zugleich aber einen endgültigen, wenn auch nur formalen Rahmen, in dem jede weitere Bestimmtheit wenigstens der Form nach ihren genuinen Ort schon gefunden hat, erreicht hat, eröffnet sich dem Bewußtsein die unausschöpfbare Möglichkeit seiner Erweiterung und unruhigen Dynamik. Die Abgeschlossenheit des Bewußtseins ist in ihr zugleich unendlich offen und geschlossen. Ihre Geschlossenheit ist bloß strukturell, ihre Offenheit beruht auf der Geschiedenheit der Faktoren der Interferenz bzw. darauf, daß sie nur interferieren, nicht aber endgültig verschmelzen. Es ist gerade die Endlichkeit der Faktoren, in welcher die Unendlichkeit der Bestimmtheit des übergreifenden Bewußtseins als begründet anzusehen ist. In der ungesättigten, unerfüllbaren Interferenz des Bewußtseins in und mit seinen Eindrücken und in der Interferenz von Interferenzen miteinander, welche wie von selbst dem Bewußtsein entstehen, wenn es sich nicht in abstrakt-punktueller Konzentration selbst sterilisiert, erschließt sich der Begriff von einer Welt, die als unendlich zu bestimmen ist, weil sie die vom Bewußtsein autonom erschlossene Struktur der Offenheit in aller Zukunft hat.
Die Einheit des Bewußtseins ist labil; permanent treibt es - solange die lebendige Bewußtheit als Grund agiert - immer neue oder wenigstens variierte, sich variierende Interferenzen hervor. Die Konzentration, durch die es sich konstituiert und nach außen, wenngleich nie ganz gelingend, abschottet, ist niemals perfekt; nicht etwa nur aus dem äußeren Grund, daß es störanfällig, durch sich aufdringende Eindrücke dekonzentriert und bis zur Grenze seines Bestandes zerrüttet werden kann, z.B. im alles ausschaltenden Vernichtungsschmerz, sondern vor allem deshalb, weil die perfekte Konzentration zu Regression von Bewußtsein und Bewußtheit führen müßte; denn in dieser, die als äußerste, schärfste, erkonstruierte Augenblicksgrenze nur denkbar ist, wäre eine Verdichtung der Gedanken - welcher Art auch immer - als erreicht fingiert, in der ihr synthetischer Charakter verschwinden müßte. Bewußtsein ist aber gerade als interferierende Interferenz gesetzt und vermag sich nicht aus sich aufzuheben. In perfekter Konzentration müßte der ins Visier genommene Eindrucksgedanke total isoliert und auf das bloße Grenzesein minimisiert werden. Er verlöre so die Dimension, die ihm durch das interferierende Bewußtsein allererst zuwächst bzw. in ihm zur Entfaltung seiner Komplexion verschmolzener Interferenzen unendlich parat liegt. Die Konzentration des Bewußtseins ist nicht punktuell-utriert, sondern entspannter, von seinen Gehalten auch distanzierter und begleitender Verlauf. So wie das zum Wissen entwickelte Bewußtsein immer Wissen von etwas, zugleich aber auch Wissen von sich selber ist - man weiß immer, daß man (etwas) weiß -, so ist alles Bewußtsein immer schon unmittelbar Selbsthabe, Bewußtsein ist Selbstbewußtsein, ohne deshalb und als solches schon entfaltetes, gesichertes und bestimmtes Ich zu sein. Daß Bewußtsein seiner selbst bewußt ist, daß Wissen weiß, daß es weiß, ist zwar eine theoretische 'Konstruktion', dies aber in der Weise, daß die sie aufbauende, interne Distanz und relationale Grundgliederung im Erleben selbst unmittelbar ist und wirkt, insofern sie als Interferenz von Bewußtheit und Bewußtsein immer notwendig auf beide zugleich zurückschlägt. Bewußtsein ist unmittelbares oder vermitteltes Haben von und Verfügen über Eindrücke, Wissen ist Wissen von etwas, daß darin sich unmittelbar hat, gewiß ist; im Wissen bloß seiner selbst weiß es eigentlich nichts, darin ist es leeres Wissen.
Der Gedanke daß Wissen immer von sich wissendes Wissen, daß Bewußtsein immer seiner selbst bewußt, Selbstpräsenzbewußtsein ist, ist von unendlicher Wichtigkeit. In ihm ist nicht nur eine vertraute, nicht übersteigbare Evidenz ausgedrückt; er besagt vielmehr, daß das Bewußtsein, obgleich es seinen Inhalten ganz eingesenkt, gleichsam unmittelbar, bewußtlos, selbstverloren, zerstreut ihnen anheimgegeben ist und sich von ihnen tragen und verändern läßt - denn es hat seine Interferenzleistung immer schon eingeprägt und insofern auch den Verlauf an den Eindrucksgedanken vorgeprägt, also sich selbst in seinem Verlauf gesichert! -, dennoch frei, weil unendliche Bestimmtheit ist. In der zumeist nur beiläufig begleitenden, der in den durch Interferenz erzeugten Dimensionen der Inhalte in ihrem Verlauf konzentrierten, unendlichen Bestimmtheit des Bewußtseins liegt, daß sie, wegen ihres unendlichen Abstandes, ganz sicher als selbständige Dimension fixiert werden kann, und zwar in jedem Augenblick, von allen Gehalten unmittelbar ausgehend. Sich im Interferierenlassen von den Eindrücken gleichwohl lösen zu können, den Eindruck, der im Augenblick aus Interferenz als mit anderen vergemeinschaftet entsteht, als Eigenprodukt zu erkennen und die bedingende Leistungsgrundlage dafür in sich selbst zu fixieren, ist der Anfang des nicht nur begleitenden, sondern des bestimmten, d.i. sich bestimmenden Bewußtseins, das seine unendliche Eigenbestimmtheit, deren Entwicklungsraum die Zeit ist, in der Bestimmung seiner diversen intentionalen Korrelate - auch wenn es begleitend ihrem konkreten Vollzug unmittelbar eingesenkt sein sollte - für diese und sich geltend und fruchtbar macht.
IV, 484 Seiten
ISBN 978-3-16-146260-3
erschienen bei J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) Tübingen 1994
Leinen € 109.00
Die Wiedergabe des Textes erfolgt hier mit Genehmigung
des Verlages Mohr Siebeck.